Auf der Suche nach Fanny Carlsen

Vorbemerkung: Dieser Text wurde größtenteils im Laufe des Jahres 2021 geschrieben. Darauf beziehen sich viele Hinweise auf die Einträge z. B auf filmportal.de usw. Mittlerweile hat sich der Informationsstand hinsichtlich Fanny Carlsen grundlegend geändert. Wie das geschehen ist, ergibt sich aus dem folgenden Text. 

Das erste Mal wurde ich vermutlich auf Fanny Carlsen aufmerksam, als ich mich vor längerer Zeit intensiv mit den Filmen von Jacques Feyder beschäftigte.

Fanny Carlsen schrieb zusammen mit Willy Haas das Drehbuch für den Film „Thérèse Raquin“, der als verschollen gilt – ebenso wie Fanny Carlsen selbst, über deren Schicksal nach 1933 offenbar nichts bekannt ist. Es war für mich bestürzend zu lesen, wo und wie die Kopien dieses Films verschwanden oder absichtlich vernichtet wurden. Aus einer schon während meiner Studienzeit in Frankreich erworbenen Ausgabe der Anthologie du Cinéma, 2. Band, war ich lange Zeit auf dem Informationsstand geblieben, den Francis Lacassin dort angibt: im Filmclub in Rio de Janeiro würde eine 16mm-Kopie existieren. Das war in den 60er-Jahren – als ich dann 20 Jahre später in Berlin 1983 einige Filme der „Exil“-Retrospektive sah, las ich, dass einerseits der Film mittlerweile als verschollen galt und andererseits das Urteil von Wolfgang Zilzer über ihn: „Wer diesen Film gesehen hat, vergisst ihn nicht.“

Spätestens als wir beim Stummfilmfestival Karlsruhe „Die Weber“ von Friedrich Zelnik zeigten – eine Hauptmann-Verfilmung, die bis heute als unübertroffen gilt – war ich wieder mit Fanny Carlsen und ihrem ungeklärten Schicksal konfrontiert, das mich umzutreiben begann. Ich bin ein neugieriger Mensch und kläre gerne Geheimnisse auf. Je rätselhafter sie mir erscheinen, desto intensiver kann ich mich mit ihnen beschäftigen.

Der Eintrag auf filmportal.de veranlasste mich, bei einem Aufenthalt in Berlin in der Deutschen Kinemathek mich zu erkundigen, ob es möglich wäre, die unveröffentlichte Arbeit von  Gabriele Hansch/Gerlinde Waz „Filmpionierinnen in Deutschland. Ein Beitrag zur Filmgeschichtsschreibung“, Berlin 1998, einzusehen, auf die sich der Eintrag auf filmportal.de bezieht. Das war leider nicht möglich.

Ich überlegte mir, wie ich wohl Fanny Carlsen auf die Spur kommen könnte? Alle filmwissenschaftlichen Hilfsmittel, die zur Erforschung der Filmgeschichte dienen könnten, brachten mich nicht weiter. Außerdem nahm ich an, dass diese Hilfsmittel sicher schon von den beiden genannten Autorinnen bei ihren Recherchen genutzt worden waren, und auf diese Weise keine Hinweise zu finden wären.

Tatsächlich weiß ich nach einer eigenen Recherche, dass es sich so verhält, wie ich angenommen hatte. Ich konnte im November 2021 einige der Drehbücher einsehen, die Fanny Carlsen verfasst hat. Was mir auffiel: In den Drehbüchern, die ich prüfen konnte, war immer nur „F. Carlsen“ als Autorin angegeben, oder die Namensnennung fehlte sogar vollständig. Das soll auch beim Drehbuch zu „Thérèse Raquin“ der Fall sein, das ich wegen seines schlechten Zustands jedoch selbst nicht einsehen konnte. Mir wurde lediglich von einem Mitarbeiter der SDK so berichtet.

Leider muss in diesem Kontext auch darauf hingewiesen werden, dass Willy Haas in seiner Autobiographie „Die literarische Welt Lebenserinnerungen“ die Mitarbeit von Fanny Carlsen an mehreren Drehbüchern (siehe dazu die überarbeitete Filmografie, die in einem weiteren Beitrag veröffentlicht werden wird) überhaupt nicht erwähnt. Willy Haas schreibt:

„Ich schrieb zuerst das Szenario eines Films „Der brennende Acker“. Dann viele andere Filme – im ganzen wohl fast zwanzig. Ich schrieb die Filmversion von Zolas „Thérèse Raquin“ für den Franzosen* Jacques Feyder und von Gerhard Hauptmanns „Die Weber“ für den Regisseur Zelnik. Ich schrieb für den Regisseur Grune „Die Brüder Schellenberg“ nach Bernhard Kellermann, worin Conrad Veidt ganz ausgezeichnet und technisch verblüffend die beiden Hauptrollen spielt.“  (Taschenbuchausgabe, Frankfurt, Fischer Verlag, 1983, S. 88)

* Jacques Feyder war nicht Franzose, sondern Belgier (JJ).

Ein Kommentar erscheint mir überflüssig. Willy Haas beseitigte eine Drehbuchautorin, die sich nicht mehr wehren konnte, aus der Filmgeschichte.

Die Recherche der Drehbücher hatte keinerlei Hinweis auf Identität und Biografie von Fanny Carlsen erbracht. Ich musste grundsätzlich anders vorgehen und stellte mir die Frage, was für ein Mensch Fanny Carlsen wohl gewesen war. Ich hielt mir die wenigen mir bekannten Tatsachen vor Augen: Fanny Carlsen schrieb nur Drehbücher, davon allerdings ca. 50 an der Zahl. Sie führte offenbar nie Regie, sie trat niemals irgendwo als Schauspielerin in Erscheinung und betätigte sich auch in keinem anderen Feld der künstlerischen oder kaufmännischen Filmproduktion. Fotos von ihr sind unbekannt. Scheute sie die Öffentlichkeit und den Roten Teppich der Filmpremieren? Über ihr Privatleben ist ebenfalls rein gar nichts bekannt.

Wenn sie nur Drehbücher schrieb, dann fragte ich mich, ob sie vielleicht auch andere Texte und überhaupt geschrieben hat. Es wäre also nicht im cineastischen Bereich nach ihr zu suchen, sondern in den Quellenwerken der Literaturwissenschaft. Wenn ich so viel Zeit gehabt hätte wie ein Student an der Universität, hätte ich systematisch alle entsprechenden Nachschlagewerke über die ersten zwei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts durchsucht, um Publikationen von ihr zu finden.

Da das nicht der Fall war, verließ ich mich schon fast auf den Zufall, der mir aber eines Tages tatsächlich zu Hilfe kam. Ich fand auf einer der bekanntesten Online-Plattformen für antiquarische Bücher gleich zwei Publikationen eines Frank Carlsen, der sich aber offenbar nicht immer so nannte.

Es sind die beiden Bücher „Die Ehe des Herrn Terbrügge“ (hier: Frank Carlsen) und „Kriegstrauung und andere feldgraue Geschichten“. Auf dem Umschlag ist zu lesen: „Von Fan (Frank Carlsen)“.  Eine gründliche Online Recherche führte mich zu einem Blog von Sammlern antiquarischer Bücher und weiterem Allerlei, wo es einen Hinweis auf F. Carlsen geben sollte. Bei diesem abgelegenen Blog www.kunst-und-troedel.info (Abfrage am 28. 3. 2021) handelt es sich nicht um eine Plattform von und für literarisch gebildete Sammler  – es geht weniger um Literatur, sondern mehr ums Sammeln als solches. Das Mitglied „Buchfink“ hat dem Autor Frank Carlsen jedoch intensiver nachgeforscht, und ihm verdanken wir jetzt tatsächlich einen entscheidenden Hinweis. Er fand ihn in dem relativ abgelegenen Werk des völkischen und nationalistischen Literaturwissenschaftlers Adolf Bartels „Weltliteratur 1. Deutsche Dichtung“ von 1918. Ich zitiere hier die ganze Passage:

„Manche Erzähler dieser Zeit sind natürlich noch nicht literaturhistorisch festgelegt, und es fehlen zum Teil noch nähere Lebensdaten von ihnen. Dazu gehören Adolf Arensen, der Verfasser von „Oberst Belares und drei andere Erzählungen“ (3917), Walter Burk, der Verfasser der „Nachbarskinder“ (5596) E. Langk (d. i. Eugenie Lampel), Verfasserin der beiden Novellen „Emelina“ und „Wie’s geht“ (3585), L. Malten (Verfasserin von „Nur eine Magd“ (5150), Erwin Rosenberger mit „Der König der Diebe und andere Erzählungen“ (5249) und „1 + 1 = 3“ und andere Geschichten“ (5496) und Karl Zangerle mit „Meraner Geschichten“ (5391), sowie die folgenden Verfasser von Kriegsnovellen: Frank Carlsen (Fan, eigentlich: Fanny Kahane-Carlsen), M. Friedland, Julius Götz, Else Höffer (Verfasserin von „Die Sünde der Väter“), Oskar von Hibicki, Oskar Kilian („Im Felde“, 5742 und 5813), Karl Marilaun, (der auch ein „Österreichisches Kriegstagebuch“, 5770 und 5890, veröffentlichte), Karl Lieblich, Ret Marut, Max Zeumer.“  S. 411f, a.a.O.; die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die Nummern der bei Reclam erschienenen Texte; auch Adolf Bartels‘ Buch erschien im Reclam Verlag, Leipzig.

Ich war wie elektrisiert. Das Jüdische Adressbuch der Stadt Berlin hatte ich schon längere Zeit auf meinem Rechner. Sofort fand ich dort eine Fanny Kahane, die in der Wartburgstraße 14 in Berlin-Schöneberg wohnte. Im Adressbuch der Stadt Berlin war sie als Kaufmannswitwe eingetragen. Warum ich Fanny Kahane in der Datenbank der Arolsen Archives nicht fand, kann ich aktuell (Juni 2022) nicht mehr rekonstruieren.

März 2022:

Dieser Spur folgte ich sehr lange, weiß aber inzwischen, dass sie offensichtlich falsch ist. Ich musste meine Recherchen wegen der Vorbereitung des Stummfilmfestivals Karlsruhe, das vom 26. bis zum 30 Januar 2022 stattfand, unterbrechen. Als ich meine Recherchen Anfang März 2022 wieder aufnahm und eher routinemäßig eine internetweite Abfrage vornahm, stieß ich zu meiner nicht geringen Überraschung auf einen Wikipedia-Eintrag zu Fanny Carlsen. Der Eintrag von M. E. wurde am 22. Januar 2022 vorgenommen, also nur wenige Tage vor dem Beginn des Stummfilmfestivals in Karlsruhe. Ich nenne den Namen des Autors nicht vollständig, da nur registrierte Wikipedia-Nutzerinnen bzw. -Nutzer die vollständigen Namen von Autorinnen und Autoren erfahren können.

Ich las den Eintrag aufmerksam durch, registrierte mich bei Wikipedia, um an die erforderlichen Informationen über den Autor zu kommen und nahm mit diesem Kontakt auf. Insbesondere interessierte mich, wie er Fanny Carlsen als Fanny Kahane identifiziert hatte. Dort ist nämlich nur eine aus den Arolsen Archives stammende Meldekarte als Quelle angegeben. Tatsächlich bekam ich eine Antwort, der zufolge eben die Nennung bei Adolf Bartels die zweite Quelle war, um Fanny Carlsen als Fanny Kahane zu identifizieren.

Dann erhielt ich noch die Informationen, die mich über meinen Irrtum aufklärten: Fanny Kahane wohnte in Berlin bis 1935 unter ihrem Pseudonym Fanny Carlsen (!) in der Xantener Straße; mit ihrem Klarnamen erscheint sie weder im Jüdischen Adressbuch von 1930/31 noch im allgemeinen Adressbuch von Berlin. Und sie ist auch nicht mit ihrem Pseudonym im Jüdischen Adressbuch aufgeführt. So  verbarg sie ihre Identität also schon Anfang der 30er Jahre sehr konsequent. Allerdings werden wir nie erfahren, ob sie einfach ihr Privatleben, von dem wir immer noch praktisch nichts wissen, vor der Öffentlichkeit verstecken wollte, oder ob sie sich nicht als Jüdin zu erkennen geben wollte – wegen des immer stärker werdenden Antisemitismus.

Als Fanny Kahanes Antrag auf Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer abgelehnt worden war, verließ sie Deutschland und emigrierte nach Frankreich. Dort wohnte sie bis zum Ende des Krieges in Paris und konnte erfolgreich ihre jüdische Identität verbergen. Fanny Kahane starb im Alter von 70 Jahren am 18. Dezember 1944, also nur wenige Wochen nach der Befreiung Paris.

Natürlich war ich zuerst etwas überrascht, sogar etwas irritiert, vom Zeitpunkt der Veröffentlichung. Mittlerweile denke ich, dass es sich um einen Zufall handelt. M. E. schrieb mir, es handele sich um bisher nicht veröffentlichtes Material aus der Forschung von Kay Weniger.

Im Folgenden möchte ich noch die Recherchen darstellen, die sich auf die Filmografie und die Bibliografie erstreckten. Diese Recherchen hatte ich schon fast vollständig im Laufe des Jahres 2021 durchgeführt, und sie brachten oft überraschende und fast aufregende Ergebnisse, aber auch etliche Enttäuschungen. Letzteres betrifft vor allem die Bibliografie.

Ich besorgte mir alle in deutschen Bibliotheken vorhandenen Bücher von Frank Carlsen bzw. F. Carlsen usw. In der sicher noch unvollständigen Bibliografie ist vermerkt, welche Publikationen sich erhalten haben und in welchen Bibliotheken sie zu finden sind. Es ist fast so furchtbar wie bei den Filmen. Allerdings könnten sich in Privatbesitz noch weitere Titel befinden. Das muss hier offen gelassen werden.

Ferner versuchte ich zu klären, ob sich Einträge sich zu Frank Carlsen usw. in dem bekannten Nachschlagewerk „Kürschners Deutscher Literatur Kalender“ finden ließen. Geprüft habe ich die Ausgaben von 1913, 1917, 1922 und 1923. Das Ergebnis war leider vollkommen negativ. Frank Carlsen erscheint in keiner dieser Ausgaben. Genauso wenig lässt sich ein Fan Carlsen, eine Fanny Carlsen oder eine Fanny Kahane finden.

Zurück zum cineastischen Oeuvre: Die Suche nach Kritiken der Uraufführungen erwies sich als sehr zeitraubende Angelegenheit. Nur ein kleinerer Teil der deutschen Filmzeitschriften aus den zehner und zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts ist angemessen digitalisiert. Nur die in Österreich erschienenen Zeitschriften können durch eine Volltextsuche sehr gut und schnell erschlossen werden.

Bei der Recherche nach den Uraufführungskritiken ging es mir primär darum, Nachweise zu finden, die die These stützen würden, dass Fanny Kahane nicht nur unter dem Pseudonym Fanny Carlsen, sondern auch unter dem männlichen Pseudonym Frank bzw. Fan Carlsen geschrieben hat.

Einige Beispiele möchte ich hier darstellen.

In der österreichischen Filmzeitschrift „Die Filmwelt“, Nr.- 22 aus dem Jahr 1921 findet sich eine Besprechung des 1920 unter der Regie von Fred Sauer und Friedrich Zelnik entstandenen Filmes „Der Apachenlord“.

„Der Apachenlord.“ Ein groteskes Abenteuer. Fan Carlsen ist der Verfasser und er weiss, was das Publikum gern sieht. Das Stück ist wirklich herzig. Friedrich Zelnik als Lord Roy Winston elegant und wirksam wie immer. Nur Poldi Müller kann ich das exzentrische Millionärstöchterchen Violet Tralley nicht recht glauben, sie wirkt mir viel zu deutsch als Lady. Dafür aber schafft Fritz Schulz als ihr Bruder Teddy wirklich eine sehr sympathische Figur. Die Regie ist vorzüglich. Insbesonders die Kneipe mit den „schweren Jungen“ eine Meisterleistung.“

Die Autorin Rosa Wachtel kennt also den Drehbuchautor als Mann und hat vermutlich die Veröffentlichung von Romanen unter diesem Pseudonym wahrgenommen. Dass sich hinter diesem Pseudonym eine Frau verbirgt, ist ihr dagegen unbekannt.
An dieser Stelle ein Hinweis: von diesem Film existiert ein kurzes Fragment im EYE Institut, Amsterdam.  Nach aktuellem Stand ist damit „Der Apachenlord“ der älteste erhaltene Film, für den Fanny Carlsen ein Drehbuch geschrieben hat. Die Identifizierung des Films hat das EYE-Institut bestätigt. Und hier ein Link zu diesem Fragment:

 

Der Film „Fakir der Liebe“ aus dem Jahr 1920, unter der Regie von Erich Schönfelder entstanden,  wird von filmportal.de in der Filmografie von Fanny Carlsen nicht aufgeführt. Jedoch finden sich in der German Early Cinema Data Base (GECD) und auf imdb.com folgende Angaben:

„Title of adapted work: Der Handschuh der Lucrezia
Autor des Manuskripts: Margarete Lindau-Schulz
Autor der literarischen Vorlage: Fanny Carlsen“

Und auf der Titelseite des Buches finden sich folgende Angaben für den Autor oder die Autorin (siehe Abbildung):“ F. Carlsen / Fan /“

Foto ©: Josef Jünger

In der Zeitschrift  „Der Kinematograph“, Nr. 698,  Mai 1920  finden sich folgende Angaben zu diesem Film:

„Fakir der Liebe“ 4 Abenteuer des Mr. Wood. Nach Motiven des Novellenbandes „Der Handschuh der Lucrezia“ von F. Carlsen. Für den Film bearb. von Mag. Lindau-Schulz und Erich Schönfelder. Regie: Erich  Schönfelder. Fabrikat: Abel-Film

Als letztes Beispiel möchte ich den Film „Der Seelenkäufer“  anführen. Hier ergeben sich bereits beim Vergleich der Angaben auf filmportal.de mit der Printausgabe der Publikation von Gerhard Lamprecht „Deutsche Stummfilme“ geringfügige Abweichungen.

Filmportal. de bringt folgende Angaben: „Regie Lupu Pick; Drehbuch Fanny Carlsen und  Gerhard Lamprecht“

In der Printausgabe liest sich das wie folgt: „Buch: F. Carlsen, Drehbuch: Gerhard Lamprecht“  Auf dem Plakat von Joseph Fenneker, das wir hier ebenfalls abbilden, ist zu lesen: „von Lupu Pick u. Fan Carlsen   Regie: Lupu Pick“.

Plakat von Joseph Fenneker, © Stadt Bocholt

Alle Beispiele lassen nur einen Schluss zu: Die aus Warschau stammende Fanny Kahane hat unter den wechselnden Pseudonymen Frank Carlsen, F. Carlsen und Fan Carlsen Romane und Novellen veröffentlicht. Ob sie auch weitere Texte veröffentlich hat, wäre zu prüfen. Mir erscheint das möglich, weil ich bei den Recherchen auf einem bekannten Portal für antiquarische Bücher den Namen „F. Carlsen“ als Autor eines Textes bei den Erläuterungen zu einem Angebot einer Ausgabe der Zeitschrift „Globus“ gefunden habe. Diese Zeitschrift erschien von 1861 bis 1910.

Von Fanny Carlsen existiert offenbar kein einziges Foto. Umso bemerkenswert könnte ein Foto aus dem Nachlass von Willy Haas sein, der sich im Literaturachiv Marbach befindet. Das Foto ist online zugänglich. Es entstand ca. 14 Tage nach der Uraufführung der Hauptmann-Verfilmung „Die Weber“.

Foto: Arno Demmer/Deutsches Literaturarchiv Marbach

 In der Mitte des Fotos ist leicht erkennbar Gerhard Hauptmann mit einem Gesprächspartner zu sehen. Links neben Gerhard Hauptmann dessen Frau, die direkt in die Kamera schaut. Neben der Frau Hauptmanns stemmt Friedrich Zelnik die  Hände in die Hüften, hinter ihm mit einem Kreuz gekennzeichnet Willy Haas; neben Willy Haas ein  kleinerer Mann, vermutlich Frederik Fuglsang, der Kameramann –und dann ist da  auf dem Foto rechts hinten eine Frau mit einem geschmacklosen Hut – könnte das Fanny Kahane (Fanny Carlsen) sein? Vom Alter der Frau her erscheint es mir möglich – Fanny Kahane war 1927 53 Jahre alt. Lya Mara, die Frau Zelniks, ist es sicher nicht.

Von der Bedeutung für die Produktion des Films erscheint es mir sinnvoll, dass es sich bei der Frau rechts hinten um Fanny Kahane (Fanny Carlsen) handeln könnte:  wir sehen auf dem Foto den Autor der Vorlage mit Gattin, den Produzenten und Regisseur in einer Person, den Autor und die Autorin des Drehbuchs, und schließlich den Kameramann.

Wenn es so wäre, wäre dieses Foto das einzige, das von Fanny Carlsen existiert. Wir müssen es heute offen lassen.

Filmografie und Bibliografie werden zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.

Josef Jünger

 

Titelbild: Plakat von Joseph Fenneker, © Stadt Bocholt.

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