Zu „Babylon Berlin“

Diesen Text habe ich geschrieben,  nachdem ich gestern, am Sonntagabend, 11. Oktober 2020, zur Tatort-Zeit eher aus Versehen eine Folge von „Babylon Berlin“ gesehen hatte – ich hatte selbstverständlich einen Tatort erwartet – was sonst um diese Sendezeit? Danach habe ich einen Blick auf die Facebook-Seite von „Babylon Berlin“ geworfen, weil ich mich gefragt habe, wie groß die Begeisterung oder auch die Ablehnung sei, wobei ich klammheimlich, das muss ich gestehen, auf richtig viel Ablehnung gehofft hatte. Da habe ich mich leider etwas getäuscht, aber schließlich konnte  ich doch einer Bärbel Schmidtke Recht geben, die tatsächlich geschrieben hat, dass sie mit „Babylon Berlin“ nichts anfangen könne. Kompliment, Frau Schmidtke!

Wieder Schöne Leichen, wieder undurchsichtige Intrigen, bei denen ich immer an „Twin Peaks“ denken muss, so dass ich mich in meiner Ansicht bestärkt sah, die sich übrigens schon bei der ersten Staffel gebildet hatte, Tykwer wolle wohl der deutsche David Lynch sein oder werden; schöne Leichen (hatte ich schon, aber in der Serie wiederholt sich ebenfalls vieles, so dass ich mir das auch erlaube; Wiederholungen also eher im metaphorischen Sinne, falls das unverständlich ist, ist es Absicht, was sonst?) Gutes Beispiel, also das, was ich gerade geschrieben habe, für den Nebel, der im „Babylon Berlin“ herumwabert – oder eher: der Nebel, den die Regisseure wabern lassen wie den CO2-Nebel in den Discos früher. Die Darsteller und insbesondere die Darstellerinnen sehen alle aus, wie wir uns die 20er Jahre eben so vorstellen. Klischee heisst das Stichwort. Personen der Zeitgeschichte werden mit fiktiven Figuren und Ereignissen zu einem klebrigen Brei verrührt, der nur noch als Ganzes geschluckt werden kann. Würg!

Fazit: perfekt gemacht aber trotzdem weit überschätzt. Wegen der undurchsichtigen Strukturen bleibt der Zuschauer und die Zuschauerin dran kleben, weil sie und er ständig auf eine „Klärung“ hoffen. Am Ende jeden Teils der unvermeidliche Cliffhanger. Nein, das wird uns nicht erspart. Es wird wie bei Lynch kommen: am Ende ist Schluss und wir sind genauso schlau wie vorher  – die Guten sind die Bösen oder andersrum – egal. Die Welt ist ein Rätsel, das wir nicht verstehen.  Das ist im aufs Politische bezogen im Kern erz-konservativ bis reaktionär.  Hauptsache viel Geld verdient – also Tykwer und Konsorten.

Die Botschaft solcher Filme und Serien lautet in etwa: alles ist ein großes Mysterium und Du zu Hause oder im Kinosessel verstehst sowieso nicht, warum und was geschieht. Deine Chancen, irgendwie in die Weltpolitik einzugreifen, sind gleich Null. Wahlen? – zum Vergessen! Also lass es gleich bleiben und gib Dich zufrieden. Aber wir machen Dir jetzt einen schönen bis leicht gruseligen Fernseh- oder Kinoabend, ein bisschen schönes Blut und auch ein paar schöne und gelegentlich ausgezogene Mädchen. Na, was willst Du mehr?

Wie gesagt, ich habe heute Abend „Babylon Berlin“ nur gesehen, weil ich dachte, es würde der übliche Sonntagabend-Tatort laufen. Leider, leider musste ich irgendwann, ich glaube bei den Dreharbeiten zu dem Film, den es tatsächlich natürlich nicht gab, und als die allerschönste Leiche im allerschönsten Blut lag, einfach „Scheiße“ schreien. Tut mir leid, es geht nicht anders.

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